Auf den Spuren Franz Kafkas - Studienfahrt nach Prag des LK Deutsch

 

"Der Prozess" - Franz Kafkas Roman über einen Mann, der scheinbar willkürlich für etwas angeklagt wird und versucht, seine Unschuld zu beweisen, gehört seit einigen Jahren zu den obligatorischen Inhaltsvorgaben für das Abitur im Fach Deutsch in NRW. Daher fiel in diesem Jahr die Wahl für das Ziel der Studienfahrt des Leistungskurses Deutsch von Herrn Finger recht leicht: Es ging für eine Woche in die tschechische Hauptstadt und Geburtsstadt von Franz Kafka nach Prag...

Nach einer recht turbulenten Anreise und massiver Verspätung des gewählten Verkehrsmittels und einem ersten Abendessen in einem typisch böhmischen Restaurant hieß es am Dienstag wortwörtlich "auf den Spuren Franz Kafkas". Die Schülerinnen und Schüler besuchten im Rahmen des ausführlichen Stadtrundgangs nicht nur die "klassischen" Sehenswürdigkeiten Prags wie den Wenzelsplatz, die Prager Burg, das Ständetheater, die Karlsbrücke oder die astronomische Uhr, sondern auch Plätze und Orte, an denen Franz Kafka gewirkt und gelebt hat. So wurde seinem Geburtshaus in der heutigen "Franz Kafka Straße" ebenso ein Besuch abgestattet wie "dem goldene Gässchen", in dem Kafka häufig gearbeitet hat, dem "jüdischen Friedhof" und der Synagoge sowie einigen Orten, die man auch indirekt im Roman "Der Prozess" entdecken und wiedererkennen kann. Ein Rundgang im Franz Kafka Museum, in dem die Schülerinnen und Schüler sich noch einmal mit original Briefen, Manuskripten oder Gegenständen aus Kafkas Leben auseinandersetzten, rundete diesen Tag bei schönstem Sonnenschein ab.

 

Tags darauf ging es in das ca. 120 Kilometer entfernte Plzen / Pilsen. Wie der Name schon verrät war die ehemalige europäische Kulturhauptstadt des Jahres 2015 nicht nur wegen ihres mittelalterlichen Stadtkerns und den vielen architektonischen Besonderheiten ein Besuch wert, sondern vor allen Dingen wegen des dort seit über 150 Jahren gebrauten berühmten "Pilsner Urquells". So durfte eine Brauereibesichtigung natürlich nicht fehlen. Insgesamt 120 Minuten erfuhren die Teilnehmer des Leistungskurses alles über die verschiedenen Zutaten, Braukünste, Besonderheiten und Logistik dieses Bieres, und natürlich durfte auch eine klitzekleine Kostprobe des noch nicht pasteurisierten und daher noch naturtrüben "Urquells" ca. 100 Meter unter der Erde in den Reifekellern nicht fehlen. Ein gemeinsames Mittagessen im Brauereikeller mit regionalen Spezialitäten wie dem Brauerei-Gulasch oder der "Pilsener Hühnersuppe" rundete diesen Ausflug perfekt ab.

 

Ein sehr ernstes Thema und gleichzeitig ein sehr dunkles Kapitel deutscher Geschichte wurde am Donnerstag beleuchtet: Der Kurs fuhr in das ca. 60 Kilometer von Prag entfernte Theresienstadt, um das dortige Konzentrationslager zu besichtigen. In einer sehr anschaulichen und emotionalen Führung durch "die kleine Festung", wie das Lager offiziell bezeichnet und somit stets der Name "KZ" vermieden worden ist, bekamen die Schülerinnen und Schüler einen Eindruck von den Gräueltaten des Holocausts und der Nazi-Diktatur. Unvorstellbar, wie beispielsweise in einer ca. zehn m² großen Zelle, die nur mit einem kleinen Fenster mit der Außenwelt verbunden war, über 60 Menschen Platz finden mussten. Viele Originale wie die Pritschen, auf denen die Gefangenen schlafen mussten, die Duschen oder die zynischerweise noch sehr gut erhaltene "Rasierstube" konnten besichtigt werden. Auch der zynische Satz "Arbeit macht frei", der in allen Konzentrationslagern der Nazis zu lesen war, prangte in großen Buchstaben über dem Eingang und sorgte für große Bestürzung. Eine Besichtigung des "Ghetto-Museums", das sich noch einmal mit der Geschichte Theresienstadts und des Holocausts allgemein beschäftigte, beendete diesen sehr interessanten, aber auch sehr bedrückenden Tagesausflug.

 

Nach einem letzten Vormittag in Prag, der vor allen Dingen zur eigenen Erkundung oder individuellen Besichtigungen genutzt wurde, endete diese sehr eindrucksvolle und nicht nur vom Wetter her schöne Studienfahrt nach Prag. Fest steht jedenfalls: Prag ist - nicht nur wegen Kafka - immer eine Reise wert...

 

 

Text und Fotos: Jörn Finger